Tolstoi Keine sittliche Ordnung kann durch Gewalt erzwungen werden, denn jede Gewalt zeugt unvermeidlich wieder Gewalt. Sobald ihr zur Waffe greift, schafft ihr neuen Despotismus. Es steht im Evangelium geschrieben Zweiter Student unterbrechend Ach, lassen Sie das Evangelium. Und ich frage Sie, sollen wirklich alle diese Millionen Unschuldiger weiter leiden um einer Handvoll Schuldiger willen? Zweiter Student wild Gut nennen Sie das Leiden, das unendliche, jahrtausendalte des russischen Volkes?
Warum lassen Sie sich nicht selber knuten statt Ihrer Duchoborzen, die um Ihrer Lehre willen gepeinigt werden? Warum reden Sie nur immer, statt selbst nach Ihrer Lehre zu handeln, warum geben Sie selbst nicht endlich ein Beispiel? Lassen Sie doch! Die Frage, die dieser junge Mensch an mein Gewissen gerichtet hat, war gut Furchtbar reden Sie, junger, fremder Mensch, in mein Gewissen.
Eine Pause. Tolstoi Nein, nein, im Gegenteil, ich danke Ihnen! Ein Schweigen. Tolstoi wieder mit ruhiger Stimme: Haben Sie beide noch eine andere Frage an mich? Erster Student Nein, sie war unsere einzige Frage.
Die Hausglocke gongt vom untern Stockwerk. Er wendet sich den jungen Leuten wieder zu. Geben Sie uns kein Wort der Ermutigung? Seine Stimme wird hart, stark und schroff. Die Studenten schweigen. Dann tritt der zweite Student entschlossen vor und sagt hart:. Gott schenke Ihnen einen friedlichen Tod! Wunderbar, diese ewige russische Jugend! Und doch, sie haben mir wohlgetan! Wirklich, das Richtige kann man nur von der Jugend lernen, nur von der Jugend!
Ihre Bewegungen sind unsicher, immer irren ihre Augen fahrig von einem zum andern Gegenstand. So ein manierloses, freches Volk! Unten, als der Diener sie fragte, ob sie beim Grafen angemeldet seien, antwortete der eine: Nein, wir sind bei keinem Grafen gemeldet, Leo Tolstoi hat uns bestellt. Sie sieht unruhig im Zimmer herum.
Niemand antwortet ihr. Sie sieht unruhig hin und her. Also bitte, komm jetzt! Sascha wird mir helfen dabei Leiste du inzwischen dem Herrn Gesellschaft und entschuldige mich, ich komme sofort. Gott sei Dank Gott sei Dank. Tolstoi erregt Ein Messer, rasch ein Messer oder eine Schere Da — nicht wahr? Eine Schmach ohne Ende Es war der Abschied an sie, ein Abschied, zu dem ich dann den Mut nicht fand. Immer war ich zu schwach, immer ohne Willen gegen sie! Den Brief habe ich hier versteckt wie ein Schuljunge ein schmutziges Buch vor dem Lehrer.
Und das Testament, in dem ich sie damals bat, das Eigentum an meinen Werken der ganzen Menschheit zu schenken, ihr in die Hand geliefert, nur um Frieden zu haben im Hause, statt Frieden mit meinem Gewissen. Was meinst du, Sascha? Tolstoi Mein Gott, daran habe ich nicht gedacht. Oder nein: schon wieder, schon wieder bin ich nicht ganz wahrhaftig: — nein, ich habe nur nicht daran denken wollen , ich bin wieder ausgewichen, wie ich immer jeder klaren und geraden Entscheidung ausweiche.
Er macht eine entschlossene Bewegung. Aber das soll, das darf nicht sein! Endlich einmal Klarheit! Wie sagte dieser Student heute, dieser wahre, aufrichtige Mensch?
Eine Tat verlangt die Welt von mir, endlich Ehrlichkeit, eine klare, reine und eindeutige Entscheidung — das war ein Zeichen! Ja, gut gemahnt haben mich diese fremden Menschen: alles Nichttun versteckt immer nur eine Feigheit der Seele. Sascha und Wladimir Georgewitsch, morgen mache ich mein Testament, klar, ehern, bindend und unanfechtbar, in dem ich den Ertrag aller meiner Schriften, das ganze schmutzige Geld, das an ihm wuchert, an alle, an die ganze Menschheit schenke — es darf kein Handel getrieben werden mit dem Wort, das ich um aller Menschen und aus der Not meines Gewissens gesagt und geschrieben habe.
Tolstoi nachdenkend Du hast recht! Ich werde tun, als ob ich meinen gewohnten Spazierritt machte. Vor der Welt will man wahr sein, vor Gott will man wahr sein, vor sich selbst will man wahr sein und darf es nicht vor seiner Frau und seinen Kindern!
Nein, so kann man nicht leben, so kann man nicht leben! Immer brauchst du so lange. Jede Tat befreit, selbst die schlechte ist besser als Nichttun. Er geht im Zimmer auf und ab. Jetzt bliebe nur noch das Schwerste, das Letzte: zur rechten Stunde ins Dickicht zu kriechen wie ein Tier, wenn das Ende kommt, denn in diesem Hause wird mein Tod unwahrhaftig sein wie mein Leben.
Darum dulde ich ihn nicht mehr im Haus, diesen Aufreizer, ich will ihn nicht. Ich will diesen Menschen nicht zwischen dir und mir. Tolstoi Sonja, Gute, ich bitte dich, errege dich nicht. Komm, setze dich hierher, sprechen wir doch still miteinander — ganz so wie in der hingegangenen Zeit, als unser Leben anfing —, bedenke doch, Sonja, wie wenig bleibt uns an guten Worten und an guten Tagen noch!
Vielleicht konnten die Heiligen ohne Helfer allein in ihrer Zelle wirken und auch ohne Zeugen nicht verzagen, aber sieh, Sonja, ich bin doch kein Heiliger — ich bin nichts als ein sehr schwacher und schon alter Mann.
Aber Sonja, du hast es ja niemals gewollt. Heute wieder, mittags, habe ich ihn ertappt, da steckte er hastig ein Papier weg, und keiner von euch konnte mir aufrecht in die Augen sehen: nicht er und nicht du, und nicht Sascha! Ihr alle verbergt etwas vor mir. Sofia Andrejewna, ich bitte dich, sieh doch in dich hinein: achtundvierzig Jahre leben wir zusammen! Vielleicht findest du aus diesen vielen Jahren irgendwo noch aus vergessener Zeit in irgendeiner Falte deines Wesens ein wenig Liebe zu mir: dann nimm, ich bitte dich, diesen Funken und fache ihn an, versuche noch einmal zu sein, die du mir so lange warst, liebend, vertrauend, sanft und hingegeben; denn, Sonja, manchmal erschrecke ich, wie du jetzt zu mir bist.
Nein, ich kann es nicht verstehen, ich kann, ich kann es nicht. So ist es mit den Menschen, so auch mit Gott. So versuche auch du, Sonja, ein wenig zu glauben, wo du mich nicht mehr begreifst, vertraue doch wenigstens meinem Willen zum Rechten, und alles, alles wird noch einmal gut.
Tolstoi sehr ruhig Alles werde ich dir sagen, nichts will ich mehr verbergen und heimlich tun, in meinem Handbreit Leben. Tolstoi Ich danke dir. Sieh, wie leicht doch alles wird durch Offenheit und Zuversicht! Du hast mir das Herz wieder warm gemacht. Ich danke dir von Herzen. Tolstoi noch immer ganz ruhig Alles, Sonja. Und du gedenke deines Versprechens. Tolstoi geht mehrmals im Zimmer auf und ab, dann setzt er sich zum Schreibtisch, schreibt einige Worte in das Tagebuch.
Ach, wenn doch Es geschieht nichts. Dann laufe rasch in den Stall und befehl Grigor, die Pferde einzuspannen, aber ganz leise soll er es tun, damit niemand im Hause etwas merkt. Duschan eilt fort. Seine Bewegungen sind energisch, aber manchmal fieberhaft. Sascha leise eintretend Was ist geschehen, Vater? Tolstoi Ich fahre fort, ich breche aus Aber das war gut, das war sehr gut Irgendwohin, nur fort aus der Unwahrhaftigkeit dieses Daseins Tolstoi Nein.
Und ich bin es, der sie leiden macht Aber ich kann nicht anders, ich kann nicht mehr Tolstoi Dann mach dich selber fertig, Duschan, da, die paar Papiere steck zu dir Tolstoi Nein, nein, nichts mehr. Tolstoi Nein, kein Geld mehr! Sie kennen mich an der Bahn, sie werden mir Karten geben, und weiter wird Gott helfen. Duschan, mach fertig, komm. Und schreibe mir, wie sie es ertragen hat. Sascha Aber Vater, wie soll ich dir schreiben?
Sofort erfahren sie, nenne ich an der Post den Namen, deinen Aufenthalt und jagen dir nach. Komm doch, Duschan! Wie du willst, Sascha Sascha denkt einen Augenblick nach Ich unterschreibe alle Depeschen mit Frolowa, und du nennst dich T.
Tolstoi schon ganz fieberhaft vor Eile T. Und nun lebe wohl! Er umarmt sie. Nikolajew, sagst du, soll ich mich nennen. Er geht hastig ab. Oktober Zweiter Reisender Und die Alte hat er zu Hause gelassen. In der ganzen Welt telegraphieren sie jetzt herum. An der bulgarischen Grenze will ihn einer gesehen haben, und andere reden von Sibirien. Gut hat er das gemacht, der Alte! Dritter Reisender junger Student Wie sagt ihr? Wirft einen Blick hinein.
Dritter Reisender Weil es schon eine Schande war gegen sein Wort, wie er lebte. Zweiter Reisender Sie Es sind schon einige so verschwunden — ins Ausland, hat man dann gesagt. Aber wir wissen, was sie mit dem Ausland meinen Dritter Reisender Nein, das wagen sie doch nicht. Erster Reisender hastig Vorsicht Cyrill Gregorowitsch kommt Er wendet sich sofort zum Zimmer des Stationsvorstehers und klopft an.
Ist Eure Frau bei Euch im Zimmer? Polizeimeister Dann lieber hier! Der Polizeimeister zum Stationsvorsteher. Eben sind wichtige chiffrierte Telegramme eingelaufen. Nun wollen die in Moskau aber unsere Aufsicht vollkommen unsichtbar. Deshalb bitte ich Sie, Iwan Iwanowitsch, statt meiner, den jeder an der Uniform kennt, auf den Bahnsteig zu gehen.
Sofort nach Ankunft des Zuges wird ein Geheimpolizist aussteigen und Ihnen mitteilen, was man auf der Strecke beobachtet hat.
Ich gebe die Meldung dann sofort weiter. Einige lassen sich im Wartezimmer nieder, um auszurasten oder Tee zu kochen. Aufgeregt schreit er die Sitzenden an Sofort den Raum verlassen! Die Leute erstaunt und murrend Aber warum denn Warten doch nur auf den Personenzug.
Vorsteher Schreiend Sofort, sage ich, sofort alle hinaus! Stimmen Aber lassen Sie uns doch Vorsteher ungeheuer erregt Niemand darf hier herein! Der Stationsvorsteher hat rasch einen Sessel aufgegriffen und neben den Tisch bereitgestellt. Wollen Durchlaucht nicht ein wenig ruhen und sich niedersetzen? Tolstoi Nicht Durchlaucht Gottlob nicht mehr Vorsteher Nein, gar nichts! In ganz Astapowo gibt es keinen Gasthof. Sie sehen ja, wie er fiebert.
Tolstoi Weiterreisen? Nein, nein, ich glaube, ich werde nicht mehr reisen Duschan ermutigend Nur keine Sorge wegen der paar Striche Fieber, das hat nichts zu bedeuten. Aber jetzt, seit ich hier bin Die beiden helfen Tolstoi auf. Vorsteher ihm entgegentretend Ich bitte zu entschuldigen Und das Bett ist vielleicht auch nicht gut Tolstoi Nein, nein, nichts anderes Zu lange, viel zu lange habe ich es besser gehabt als die andern!
Wie sterben denn die Bauern? Und jetzt, vielleicht ist er da drinnen im Zimmer, der Tod, und erwartet mich. Und doch, ich gehe ganz ohne Angst ihm entgegen. Klein, eng, nieder, arm Ach, mein Kopf, mein dummer Kopf!
Und in der Nacht, da er stirbt, weckt Gott das Herz auf in seiner Frau, und sie kommt, Marfa, ihn noch einmal zu sehen Ja, ich will mich hinlegen. Sascha und der Vorsteher haben ihn weitergeleitet. Der Stationsvorsteher sperrt auf, der Polizeimeister tritt hastig herein. Polizeimeister Was hat er Ihnen gesagt? Will er am Ende hier bleiben, wie lange? Vorsteher Leo Tolstoi ist meinem Herzen kein Fremder. Polizeimeister Nun, Sie nehmen es auf Ihre Kappe.
Ich erstatte sofort die Meldung Polizeimeister sieht ihn verdutzt an. Duschan Er liegt ganz still — nie habe ich sein Gesicht ruhiger gesehen. Zum erstenmal ist er allein mit seinem Gott. Vorsteher Verzeihen Sie mir, einem einfachen Menschen, aber mir zittert das Herz, ich kann es nicht fassen. Vorsteher Aber doch Das zwanzigste Jahrhundert blickt nieder auf geheimnislose Welt. Seit Jahrzehnten folgen einander die Expeditionen. Keine erreicht das Ziel. Es will alle Wahrheit wissen, sein erstes Jahrzehnt schon will erobern, was alle Jahrtausende vor ihm nicht zu erreichen vermochten.
Von allen Erdteilen erneut sich der Ansturm. Seine Biographie identisch mit der Rangliste. Keine sonderliche Conduite deutet den Helden an, den Heros. Stahlgrau die Augen, starr geschlossen der Mund. Nirgends eine romantische Linie, nirgends ein Glanz von Heiterkeit in diesem Antlitz aus Willen und praktischem Weltsinn. Scott schreibt Englisch wie Tacitus Latein, gleichsam in unbehauenen Quadern. Scott will vollenden, was Shackleton begonnen.
Das hindert ihn nicht. Juni verlassen sie England. Sie proben ihre Automobilschlitten, sie lernen Skilaufen und dressieren die Hunde. Nicht alles gelingt, aber gerade die Schwierigkeiten geben ihnen neuen Mut.
Er erschrickt, aber ohne darum zu verzagen. Und dann nicht mehr. Tagelang harren sie auf ihr Erscheinen. Voran sausen die Automobilschlitten. Hinter ihnen die Schlitten mit den sibirischen Ponys und Hunden.
Und das bleibt nicht aus. November brechen sie auf in einzelnen Trupps. Aber die Sorgen mehren sich.
Jede Kleinigkeit schwillt hier zur Gefahr. Hier wird jedes Lebensding tausendwertig, ja unersetzlich sogar. Aber sie geben nicht nach. Scott mustert die Leute aus.
Bald entschwindet die letzte Gestalt. Wenn wir nicht hingelangen, so kommen wir doch verteufelt nahe. Nur noch ein letzter Ruck, und das Ziel ist erreicht. Sein Auge brennt sich fest an einen kleinen, dunklen Punkt in dem ungeheuren Schneefeld. Da die Tat, der erste gewesen zu sein, ihm nicht mehr den Blick blendet, sieht er nur mit stumpfen Augen das Traurige der Landschaft.
Der Heimmarsch verzehnfacht die Gefahren. Und dann: die Stahlfeder des Willens ist gelockert in ihrer Brust. Furchtbar sind die Notizen aus jenen Tagen zu lesen. Was mit ihm beginnen? Um ein Uhr nachts, am Aber sie schleppen sich weiter, der eine von ihnen, Oates, schon auf abfrierenden Zehen.
Von Menschen haben wir jetzt keine mehr zu erwarten. Schon bereiten sie sich auf das Letzte vor. Noch einen Tagesmarsch versuchen sie es mit dem Kranken. Ein paar Kilometer taumelt der Kranke auf seinen erfrorenen Beinen noch mit zum Nachtquartier. Oates von den Inniskillingdragonern wie ein Held dem Tode entgegengeht. Der Brennstoff ist ihnen ausgegangen, und das Thermometer zeigt vierzig Grad unter Null. Wundervoll sind diese Briefe.
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